Deutsche Bank-Chef Christian Sewing spricht warnende Worte, die ohne Abstriche auch für die IT-Branche gelten. Der Blick auf so manche Firmen-Homepage zeigt, warum.
Was haben Banken und IT-Systemhäuser gemeinsam? Erstens: Beide sind Dienstleister. Die einen für Finanzen, die anderen für Informationstechnologie. Zweitens: Die Digitalisierung stellt beide vor existentielle Probleme. Der Grund: Das Internet kappt ihnen womöglich in Kürze den direkten Kundenkontakt.
Wie drastisch er das Risiko für sein Unternehmen sieht, hat Deutsche Bank-Chef Christian Sewing kürzlich klar ausgesprochen. Das frühere Aushängeschild der deutschen Wirtschaft kämpft seit Jahren gegen den Niedergang. Allein die Strafen für Missmanagement, Betrug und Korruption gehen inzwischen in die Milliarden. Die Digitalisierung aber könnte die Bank in den Abgrund stoßen. „Entweder wir werden ein ziemlich austauschbarer Anbieter von Finanzprodukten, die auf großen Plattformen verkauft werden - einer von vielen Zulieferern in einem großen digitalen Supermarkt“, warnte Sewing. „Oder wir wollen diejenigen sein, die das Regal gestalten, weil wir wissen, was die Kunden wollen.“
Austauschbarer Zulieferer im großen digitalen Supermarkt
Was mit Zulieferern im digitalen Supermarkt passiert, ist in Branchen wie den Medien oder dem Einzelhandel seit langem bekannt. Die Spielregeln und Preise diktieren dort vielfach nicht mehr Verleger und Händler, sondern Internet-Giganten wie Alphabet (Google) oder Amazon. Diese Entwicklung zeichnet sich immer stärker auch in der Finanzwelt ab.
So könnte es ausgerechnet die Münchner Wirecard AG sein, die die alteingesessene Commerzbank aus dem DAX 30 kickt. Wirecard macht E-Payment für Händler und Verbraucher angeblich transparent und sicher und bietet Komplettlösungen für verschiedene Branchen an. Damit schiebt sich das Unternehmen zwischen seine Kunden und deren klassische Hausbank - also genau an die Schnittstelle, an der die Gewinnmargen verhandelt werden. Die Hausbank hingegen rückt in die zweite Reihe – und wird damit in vielen Bereichen austauschbar.
Dieser Mechanismus greift auch bei den IT-Dienstleistern. Microsoft beispielsweise erhält über seine Cloud-Produkte den direkten Kundenkontakt – eine Information, die das Unternehmen zuvor kaum hatte. Und die Partner-Landschaft wird bereits kräftig umsortiert: In die Partner, die das zulassen und in ergänzende Dienstleistungen investieren. Und in die, die das nicht mitmachen, und daher bald am langen Lizenzarm verhungern werden.
Microsoft: Die Partner werden bereits kräftig umsortiert
Früher rühmte sich Microsoft, mehr als 33.000 Vertriebspartner in Deutschland zu haben. Für das Cloud-Geschäft wird wohl ein Viertel davon reichen. Der Rest wird sich neue Geschäftsmodell suchen müssen – oder vom Markt verschwinden.
Wie sorglos sich viele Systemhäuser dennoch verhalten, zeigt der Blick auf ihre Firmen-Homepage. Hier kommt es in der Regel hier zum Erstkontakt mit Neukunden. Rein optisch begibt sich der Nutzer beim Klick auf die Firmen-Homepage allerdings oft auf eine Zeitreise, die zurück in den Beginn des Jahrtausends führt. Hier erlebt er ein Layout, das auf Pads und Smartphones nicht funktioniert, bis hin zu einem fehlenden Impressum, das unweigerlich die Frage aufwirft, inwiefern der Betreiber die technischen und rechtlichen Entwicklungen in der digitalen Welt aktiv begleitet.
Die Geschäftsführer dieser Firmen haben ein Problem mit Deutsche Bank-Chef Sewing gemeinsam: Sie müssen verdammt schnell zeigen, dass sie das Digitalgeschäft wirklich verstehen.
Veröffentlicht am 31.08.2018