Im Zuge des angekündigten Neustarts räumt Firmenchef Dieter Weißhaar im Top-Management auf. Seine Ziele formuliert er weit vorsichtiger als sein Vorgänger.
Willy Cremers ist weg. Der frühere Chef der Easy Software AG, einem Marktführer für digitale Dokumenten-Management-Systeme (DMS) in Deutschland, hat das Unternehmen planmäßig in Richtung Ruhestand verlassen.
Auch Thorsten Eska ist weg. Der frühere Finanz-Vorstand hat sein Büro in der Firmenzentrale in Mülheim / Ruhr allerdings nicht freiwillig geräumt. Seine Zuständigkeiten für die Ressorts Finanzen, Controlling, Einkauf, Personal und Recht hat bis auf Weiteres der neue Konzernchef Dieter Weißhaar übernommen.
Trotz hoher Investitionen hat die Firma die gesetzten Ziele nicht erreicht
Weißhaar, seit September 2018 im Amt, zeigt damit Entschlossenheit und Handlungskompetenz. Innerhalb der ersten sechs Wochen hat er den Vorstand personell halbiert und den britischen Landeschef in die Wüste geschickt. Der Grund: Trotz hoher Investitionen haben die ehemaligen Führungskräfte die gesetzten Ziele nicht erreicht. Cremers hatte vor fünf Jahren unter dem Titel EASY FIT ein Restrukturierungsprogramm gestartet, mit er die operative Rendite auf 16 Prozent steigern wollte.
Diese Messlatte aber wurde weit untersprungen. Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres schrieb das Unternehmen sogar rote Zahlen. In börsennotierten Unternehmen wie der Easy Software AG rollen da fast zwangsläufig die Köpfe.
Die Missstände liegen auf der Hand. Das Lösungsportfolio des Softwarehauses erscheint aufgebläht und schwer verständlich. Es gilt vier verschiedene Produktlinien gleichzeitig zu entwickeln und zu vermarkten. Das schlägt schwer auf das Budget.
Die Missstände liegen auf der Hand
Gleiches gilt für die personalen Ressourcen. In der Vergangenheit gab die Firma viel Geld dafür aus, kostspielige Freiberufler für die Abarbeitung von Aufträgen zu engagieren, weil eigene Spezialisten fehlten. Viele Aufträge blieben dadurch sogar liegen. Der Fachkräftemangel entwickelte sich zum strategischen Problem.
Schließlich wurde das Unternehmen organisatorisch ad absurdum aufgebläht. So kümmerten sich insgesamt acht (!) verschiedene Einheiten um das Beratungsgeschäft. Weißhaar will diese nun zu einer international agierenden Consultingeinheit zusammenfassen. Auch hier werden wohl einige Führungskräfte ihren Job verlieren.
Die Organsiation wurde ad aburdum aufgebläht
Ob das dem Unternehmen auf die Beine hilft, wird sich zeigen müssen. Easy Software, vor zwei Jahrzehnten ein gefeierter Stern am Börsenhimmel, kämpft seit Jahren vor allem mit sich selbst: Missmanagement, Betrug, Vorteilsnahme, die Liste der Verfehlungen ist lang. Ehemalige Vorstandsmitglieder wanderten dafür sogar in den Knast. Cremers manövrierte die Firma zwar in ruhigere Gewässer. Der wirtschaftliche Durchbruch aber blieb ihm verwehrt.
Sein Nachfolger Weißhaar will diesen durch ein neues Programm erreichen. EASY 21 hat er auf vier Säulen gestellt: Ausbau des Cloud-Geschäfts als Wachstumstreiber, Differenzierung vom Wettbewerb durch die Markteinführung weiterer innovativer Lösungen, Generierung von Skaleneffekten über fortschreitende Internationalisierung sowie Vertiefung der Wertschöpfungskette zur Verringerung des margenhemmenden Fremdleistungsanteils. Verbesserte Wachstumsmöglichkeiten und eine reduzierte Komplexität in den Prozessen sollen dazu beitragen, bald wieder nachhaltig schneller als der Markt zu wachsen.
Die wirtschaftlichen Ziele hat Weißhaar dabei weit vorsichtiger formuliert als einst Cremers. Statt auf 16 Prozent will er die Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen nur noch auf 10 Prozent heben.
Veröffentlicht am 20.10.2018