Trotz eines vierjährigen „Fitnessprogramms“ schreibt die Easy Software AG keine Gewinne. Hochrangige Insider bezeichnen die Easy Software in der Ära des früheren Konzernchefs Willi Cremers als „schlecht geführte Organisation“. Marktbeobachter fragen sich nach all den Jahren: Kann Easy Software überhaupt noch Erfolg? Unseren Informationen zufolge waren vor allem vier Faktoren für die Verluste im Geschäftsjahr 2018 ausschlaggebend.
Die Easy Software AG hat im Geschäftsjahr 2018 (bis 31. Dezember) rote Zahlen geschrieben. Das hat das Unternehmen inzwischen bestätigt. Wie hoch die Verluste tatsächlich ausfielen, soll am 29. April 2019 im Geschäftsbericht veröffentlicht werden. Fest steht: Das Missmanagement in der Mülheimer Firmenzentrale erreichte 2018 einen traurigen Höhepunkt. Zwar sollen die Umsätze angeblich um mindestens fünf Prozent auf über 45 Millionen gewachsen sein. Die Kosten aber fielen anders als erwartet noch sehr viel höher aus. Erstmals seit Menschengedenken warf das Geschäft keinen einzigen Cent Gewinn ab.
Vom Börsenstar zur Krisenfirma
Ende der 1990er Jahre war die Easy Software AG als heller Stern am Börsenhimmel. Mit dem Platzen der Internetblase im Jahr 2001 allerdings folgte der jähe Absturz und ein Jahrzehnt des Niedergangs. Aufsichtsrat und Vorstand führten das Unternehmen wie einen Selbstbedienungsladen, teilweise mit krimineller Energie, die einige Manager vor den Kadi, einen sogar ins Gefängnis brachten.
Mit Thorsten Wagner, der die Mehrheit der Aktien übernahm, kehrte 2014 die Hoffnung auf eine Rückkehr zum Erfolg zurück. Mit Oliver Krautscheid installierte Wagner einen neuen Aufsichtsratschef, der anschließend Willi Cremers als neuen Vorstandschef ins Amt hob. Gemeinsam setzten sie das Restrukturierungsprogramm „Easy Fit“ in Gang, das dem Unternehmen innerhalb von vier Jahren neues Leben einhauchen sollte. Doch die wesentlichen Ziele des Programms wurden verfehlt. Die Produktpalette erscheint nicht zeitgemäß. Und statt ab 2018 wieder zweistellige Gewinnmargen einzufahren, führte ausgerechnet das erste Geschäftsjahr nach Abschluss von „Easy Fit“ direkt in die Verlustzone.
"Schlecht geführte Organsiation"
Hochrangige Insider bezeichnen die Easy Software unter Cremers heute als „schlecht geführte Organisation“. Marktbeobachter fragen sich nach all den Jahren: Kann Easy Software überhaupt noch Erfolg?
Für den Verlust im Geschäftsjahr 2018 waren unseren Informationen zufolge waren dafür vor allem vier Faktoren ausschlaggebend:
Erstens die Akquisition der Apinauten GmbH, über die sich die Easy Software als Dienstleister für digitale Geschäftsmodelle bei seinen Kunden etablieren will. Für das Leipziger Unternehmen blättern die Mülheimer insgesamt 10,5 Millionen Euro auf den Tisch. Im Geschäftsjahr 2018 verursachte die Investition Einmalkosten von rund einer Million Euro.
Umsatzstornos nicht pünktlich verbucht
Zweitens periodenenfremde Sondereffekte. Insidern zufolge hatte der frühere Vorstand Umsatzstornierungen für das Geschäftsjahr 2017 in beträchtlicher Höhe nicht pünktlich verbucht – womöglich, um die Schlussbilanz für das „Easy Fit-Programm“ aufzuhübschen. Die Stornierungen mussten daher im Geschäftsjahr 2018 bereinigt werden – mit negativen Folgen für das Ergebnis.
Drittens die kostspieligen Ineffizienzen im Consulting-Bereich. Insidern zufolge waren innerhalb des Easy-Konzerns zuletzt acht Beratungseinheiten unabhängig voneinander aktiv. Die Folge: Während gut ausgelastete Einheiten teure Freiberufler einkauften, um Aufträge abzuarbeiten, drehten die Kollegen in den schlecht ausgelastete Einheiten Däumchen. Hier wurden offenbar unnötigerweise enorme Kosten produziert.
Viertens die Kündigung von Mitarbeitern. Insidern zufolge trennte sich das Unternehmen 2018 von rund 15 Mitarbeitern, die verantwortlich für das Missmanagement waren. Kostenpunkt der Trennungen: rund eine Million Euro. Während Vorstandschef Cremes im August 2018 das Unternehmen nach Plan verließ, folgte ihm Finanzchef Thorsten Eska keineswegs freiwillig.
Rückkehr zum Erfolg? Weißhaar verspricht zweistellige Gewinnmarge
Cremers Nachfolge Dieter Weißhaar, der sein Amt im September 2018 antrat, hat in der Firmenzentrale und ihren Außenstellen inzwischen kräftig durchgefegt. So besetzte er, nachdem er kurzfristig Eska den Stuhl vor die Tür gestellt hatte, innerhalb von fünf Monaten mindestens sechs weitere nationale und internationale Top-Positionen neu, darunter die Leitungen der wichtigsten nationalen Vertriebsgesellschaften. Zudem fasste er alle Consulting-Einheiten unter dem Dach der Easy Software Deutschland GmbH zusammen.
Für das Geschäftsjahr 2019 hat er seinen Aktionären ein Umsatzwachstum von 13 Prozent auf mindestens 51 Millionen Euro versprochen sowie eine operative EBITDA-Marge (Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen) von mindestens fünf Prozent. Bis zum Geschäftsjahr 2020 will er die EBITDA-Marge verdoppeln
Sollte Weißhaar seine Ziele erreichen, könnte sein Name künftig für den Beginn einer neuen Erfolgsära in Mülheim stehen. Wie das im Detail gelingen soll, will er Investoren am 30. April 2019 in einer Telefonkonferenz darlegen.
Easy Software AG | ||||
Umsatz, operativer Gewinn, Umsatzrendite, Mitarbeiter | ||||
Geschäftsjahr 1 | Umsatz (Mio. €) | operativer Gewinn (Mio. €) 2 | Rendite (%) | Mitarbeiter |
2018 | 45 - 47 | k.A. | k.A. | 295 |
2017 | 42,7 | 1,6 | 3,8 | 270 |
2016 | 40,5 | 0,6 | 1,5 | 260 |
2015 | 39,1 | 3,2 | 8,1 | 270 |
2014 | 41,1 | 1,8 | 4,3 | 295 |
2013 | 29,8 | 2,2 | 7,4 | 208 |
2012 | 26,9 | 2,2 | 8,2 | 194 |
2011 | 27,0 | 2,4 | 8,8 | 191 |
2010 | 26,9 | 2,5 | 9,4 | 191 |
2009 | 22,3 | 1,0 | 4,5 | 165 |
Quelle: Easy Software; 1 = bis 31.12.; 2 = EBT |
Veröffentlicht am 24.04.2019