Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg zählt zu den Kammern in Deutschland, die dem Thema „Digitalisierung“ eine große, öffentliche Aufmerksamkeit widmen. Mit Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert sprach SERVICE.REPORT.IT über die Erfahrungen aus 2019 und die Ziele für 2020.
SERVICE.REPORT.IT: Herr Zeinert, wie viele Veranstaltungen hat die IHK Lüneburg-Wolfsburg 2019 zum Thema Digitalisierung durchgeführt?
Zeinert: Insgesamt waren es rund 50 Veranstaltungen in ganz unterschiedlichen Formaten. Es gab sowohl Sprechtage mit Einzelberatungen mit drei bis fünf Unternehmen als auch große Informations- und Netzwerkveranstaltungen mit bis zu 150 Teilnehmern. Dabei ging es um Themen wie Online-Marketing, Prozessoptimierung und IT-Sicherheit. Viele Sprechtage waren ausgebucht, viele Netzwerkveranstaltungen sogar überbucht. Wir wollen unser Angebot daher 2020 noch einmal verbreitern.
SERVICE.REPORT.IT: Welche Formate und Themen stießen auf das größte Interesse?
Zeinert: Bei den Formaten waren es vor allem die Netzwerkveranstaltungen und die Sprechtage, da diese den Unternehmen die Möglichkeit bieten, sich im kleinen Kreis auszutauschen. Inhaltlich hatten wir bei den Sprechtagen zunächst den Aufbau von digitalen Geschäftsprozessen favorisiert. Die größte Relevanz aber scheint aktuell das Thema IT-Sicherheit zu besitzen.
SERVICE.REPORT.IT: Als IHK spielen Sie eine Vorreiterrolle in Sachen Digitalisierung. Sie sind beispielsweise Sprecher der niedersächsischen IHKs zum Thema, Sie haben im August 2019 einen Aktionsplan mit sieben Handlungsfeldern für die digitale Zukunft vorgelegt und Sie führen eine beachtliche Zahl an Veranstaltungen zum Thema durch. Warum?
Zeinert: Wir haben uns 2018 dazu entschlossen, die Zahl der Kontakte zu unseren Mitgliedsunternehmen deutlich zu erhöhen und dabei auch auf das Thema „Digitalisierung“ gesetzt. Schließlich gibt es kaum ein anderes Thema, das die Wirtschaft so sehr umtreibt. Es verändert nicht nur die Geschäftsprozesse, Kundenbeziehungen, Produktentwicklungen und Geschäftsmodelle, sondern auch die Art und Weise, wie Unternehmen arbeiten, forschen, kommunizieren und ihre Mobilität organisieren. Ein weiterer Grund dafür war, dass wir als IHK neben einigen großen Unternehmen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen zu unseren Mitgliedern zählen. Diese Unternehmen haben aber erfahrungsgemäß nicht die Strukturen, um die Fragen rund um die Digitalisierung selbst lösen zu können. Sie brauchen daher umfassende Beratung.
SERVICE.REPORT.IT: Haben Sie Ihr Ziel erreicht? Wie hat sich die Zahl der Kundenkontakte erhöht?
Zeinert: Unsere Beratungskampagne zielt auf die Unternehmen, die bisher kaum mit unserer IHK in Berührung gekommen sind. Zu diesen Betrieben haben wir allein 2019 7.000 neue Kontakte aufgebaut.
SERVICE.REPORT.IT: Haben Sie beispielsweise Ihre eigenen Prozesse digitalisiert, Ihre Organisation verändert oder neue Mitarbeiter eingestellt?
Zeinert: Neue Stellen haben wir nicht geschaffen, aber wir haben Strukturen verändert. Wir können ja als IHK im Bereich Digitalisierung nur dann kompetent und glaubwürdig beraten, wenn wir uns selbst auch auf den Weg machen. Strukturell neu ist, dass wir unsere Aufgaben, Services und Angebote in den Handlungsfeldern „Unternehmen beraten“, „Interessen bündeln“ und „Menschen bilden“ bündeln und viele Leistungen auch online anbieten. Außerdem fördern wir stärker als bisher die bereichsübergreifende Zusammenarbeit unserer Mitarbeiter in Projekten. So entwickeln und testen interdisziplinäres Teams neue IHK-Dienstleistungsideen und hinterfragen auch bestehende IHK-Angebote kritisch. Das führt zu Ideen, die wir früher so nicht hatten. Und davon profitieren auch unsere Mitgliedsunternehmen.
SERVICE.REPORT.IT: Nennen Sie bitte ein Beispiel.
Zeinert: Unser Jahresthema 2020 lautet „Digitalisierung meistern“. Das heißt wir werden in diesem Jahr unsere Unterstützungsangebote für Unternehmen im Bereich Digitalisierung weiter ausbauen. Dazu haben alle IHK-Bereiche Angebote entwickelt, die wir jetzt konzentriert unter ihk-lueneburg.de/gemeinsam-digital zur Verfügung stellen. Das Angebot umfasst unter anderem Expertentage, Netzwerkveranstaltungen und Weiterbildungen zur Personalentwicklung in der Arbeitswelt 4.0.
SERVICE.REPORT.IT: Eine Besonderheit der IHK Lüneburg-Wolfsburg ist, dass sie sich – zählt man Celle hinzu – auf drei Geschäftsstellen verteilt. Welche Rolle spielt diese Struktur für die neue Organisation?
Zeinert: Sie macht die Vernetzung nicht unbedingt einfacher. Unsere Region hier im Nordosten Niedersachsens misst rund 10.000 Quadratkilometer, die Entfernungen zwischen den einzelnen Standorten sind entsprechend groß. Weil unsere Berater nun nicht mehr standortbezogen, sondern themenbezogen beraten, müssen sie daher teilweise mehr fahren. Da kommen uns die neuen Kommunikationstechniken natürlich sehr zu Gute, insbesondere die Videotelefonie und das gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten über die Cloud.
SERVICE.REPORT.IT: Zu Beginn des neuen Jahres haben Sie eine Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen gestartet. Darin fragen Sie ab, welche Chancen die Firmen in der Region beim Thema Digitalisierung sehen, welche Herausforderungen sie fürchten und wo sie Hilfe benötigen. Welche neuen Erkenntnisse, die über die Beratungstätigkeit von 2019 hinausreichen, erhoffen Sie sich davon?
Zeinert: Die Ergebnisse der Umfrage wollen wir nutzen, um unsere digitalen Services kontinuierlich und bedarfsgerecht zu verbessern und konkrete Mehrwerte für den Mittelstand in der Region Lüneburg-Wolfsburg bieten zu können.
SERVICE.REPORT.IT: Herr Zeinert, vielen Dank für das Gespräch.
Veröffentlicht am 15.01.2020