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Axians IT Solutions / Management
Exodus

Chaos beim Ulmer IT-Dienstleister Axians IT-Solutions: Bei der ehemaligen Fritz & Macziol hat sich innerhalb weniger Wochen das gesamte Top-Management verabschiedet. Insider vermuten, dass der neue CEO Jaques Diaz vor allem eine Aufgabe hat: den Verkauf des Unternehmens an seinen langjährigen Arbeitgeber und Axians-Konkurrenten Cancom über die Bühne zu bringen.

Digitale

Jacques Diaz ist seit 1. April 2018 CEO der Axians IT Solutions GmbH. Damit führt der Manager einen der größten IT-Dienstleister in Deutschland. Eine Führungsriege stand bei seinem Empfang in der Ulmer Firmenzentrale allerdings nicht Spalier. Denn kurz vor seinem Amtsantritt hatte die Geschäftsleitung geschlossen den Dienst quittiert.

In der Chefetage ging es in den letzten Jahren zu wie im Taubenschlag. Seit der Übernahme durch den französischen Mischkonzern Vinci im Jahr 2014 ist Diaz ist bereits der fünfte CEO. Die Fluktuation in der zweiten Management-Ebene ist nicht minder groß. Der IT-Dienstleister gilt unter Marktbeobachtern inzwischen als Paradebeispiel dafür, wie ein deutscher Mittelständler durch den Verkauf an einen Konzern innerhalb kürzester Zeit Profil und Zukunft verlieren kann.

Chefetage: Wie im Taubenschlag

Die Übernahme durch die Franzosen erschien für den IT-Dienstleister zunächst ein Glücksfall zu sein. Denn Vinci löste den IT-Dienstleister aus dem verschuldeten Imtech-Konzern heraus. Die Niederländer verkauften damals ihr komplettes Geschäftsfeld IT-Dienstleistungen an die Franzosen. Damit wechselte die deutsche Fritz & Macziol Software und Computervertrieb GmbH - die damals noch die Firmengründer im Namen trug und seit 2017 als Axians IT Solutions GmbH firmiert – nicht nur den Besitzer, sondern auch die Perspektive. Aus dem IT-Systemhaus, dass sich seit 1987 auf den Verkauf von Datacenter-Equipment spezialisiert hatte, sollte ein moderner Digitalisierungs-Dienstleister werden.

Doch die Glücksgefühle in Ulm währten nicht lange. Ende 2015 verließ Herbert Fritz als letzter der beiden Gründer das Unternehmen. Seitdem geben sich die Manager dort die Klinke in die Hand.

Die Geschäftsführer Stephan Pawlowski und Oliver Schallhorn blieben kaum ein halbes Jahr. Mit ihnen ging im Sommer 2016 auch Vertriebsleiter Michael Achtelik von Bord.

Für die nächsten neun Monate übernahm Reinhard Schlemmer persönlich die Führung. Als Chef von Vinci Energies Deutschland kümmert er sich bis heute vor allem um die hiesigen Beteiligungen der Franzosen. Zur Unterstützung holte er sich den externen Berater Markus Oelsner an die Seite.

Vergeblich: Coso sollte neue Potenziale heben

Im April 2017 übernahm die Ex-Microsoft- und Ex-HP-Managerin Diana Coso das Kommando. „Mit ihrer Branchenexpertise und Managementerfahrung wird sie gemeinsam mit dem bestehenden Führungsteam die Chancen der Digitalisierung nutzen können und Unternehmen aller Branchen darin unterstützen, die Potenziale von Industrie 4.0 und Internet of Things auszuschöpfen“, versprach Schlemmer damals.

Tatsächlich gab es unter Coso jede Menge organisatorischer und personeller Veränderungen. Beispielsweise  wurde ein Großteil des Vermögens der Axians IT Solutions auf viele kleine Gesellschaften verteilt. So entstanden die Axians eWaste GmbH, die Axians Industrial Applications & Services GmbH, die Axians SAP Solutions & Technology GmbH der die Axians NEO Solutions & Technology GmbH. Wer heute von Axians in Deutschland spricht, spricht längst nicht mehr nur von der Axians IT-Solutions GmbH. Unter der Marke „Axians“ bündelt der Vinci-Konzern seine internationalen Beteiligungen im Bereich der IT-Dienstleistungen.

Parallel dazu wurde in der Ära Coso die Geschäftsleitung kräftig verstärkt. Mit Thomas Kunze kam im Februar 2017 ein neuer Chef für die Sparte Managed Services an Bord. Er wechselte von Dimension Data nach Ulm. Als Vertriebsleiter wurde Denis Kim im Oktober 2017 von DellEMC abgeworben. Im Januar 2018 schließlich übernahm der Ex-Microsoft-Manager Christoph Heiming die Leitung des Bereichs Software & Applications.

Diaz: Manager stand Gewehr bei Fuß

Bemerkenswert: Coso selbst wurde erst im Januar 2018 als Geschäftsführerin der Axians IT Solutions GmbH ins Handelsregister eingetragen und schon zwei Monate später daraus wieder gestrichen. Zeitgleich quittierte ihr gesamtes Management-Team den Job. Neben Kunze, Kim und Heiming auch Marketing-Chef Ulrich Hampe, der seit 2014 Prokura besaß.

Allerdings sollte es dieses Mal keine neun Monate dauern, bis Schlemmer einen Nachfolger präsentierte. Im Gegenteil: Diaz stand quasi Gewehr bei Fuß. „Aufgrund seiner langjährigen, vielfältigen Verdienste im IT-Services- und Cloud-Umfeld sind wir sicher, dass er den Wandel vom klassischen Transaktionsgeschäft hin zum kundenorientierten Integrations- und Lösungsfokus voranbringen wird“, lobte Schlemmer den Neuzugang vor wenigen Wochen. „Er ist eine Führungspersönlichkeit, die besondere Kompetenzen und Werte für das digitale Zeitalter mitbringt.“

Insider glauben allerdings längst nicht mehr daran, dass Axians IT Solutions eine eigenständige Zukunft hat. „Vinci hat alle Investments in Richtung Umbau gestoppt“, berichtet ein Insider. „Im Konzern hat man offensichtlich den Aufwand unterschätzt, die Firma von einem Systemhaus in einen Digitalisierungs-Dienstleister zu drehen.“

Tatsächlich mehren sich die Indizien, dass der IT-Dienstleister bald von einem der großen Konkurrenten geschluckt werden könnte. Der Cancom SE aus München schrieben Marktbeobachter dabei die größten Chancen zu.

Vinci: Kurzfristige Strategiewechsel sind Teil des Systems

Die früheren Geschäftsführer Schallhorn und Pawlowski sind seit Sommer 2017 im Top-Management der Cancom tätig. Damit wechselte viel Wissen von der einen in die andere Unternehmenszentrale.

Einige Monate waren die beiden Kollegen von Diaz, der seit 2002 bei Cancom – zuletzt in der zweiten Führungseben - arbeitete, im Oktober 2017 aber plötzlich kündigte. Es scheint schwer vorstellbar, dass er seinen Job kündigte, ohne einen neuen in Aussicht zu haben. Offenbar war damals schon klar, dass die Tage von Diana Coso bei Axians gezählt waren.

In der Hierarchie des Vinci-Konzerns, der im Kerngeschäft weltweit auch Flughäfen baut und Glasfaser-Kabel verbuddelt, bewegt sich der Mittelständler im Keller und nicht im Dachgeschoss. Der Konzern, erzählen Unternehmenskenner, werde vor allem über die Vorgaben von Gewinnmargen gesteuert. Untere Ebenen liefen daher ständig Gefahr, das Opfer kurzfristiger Strategiewechsel höherer Hierarchie-Ebenen zu werden. Dieser Fall sei offenbar eingetreten. Axians IT Solutions daher nun nicht mehr auf Innovation, sondern auf Sparkurs getrimmt.

Bilanz: Axians IT Solutions verdient kaum Geld

Tatsächlich verdient der IT-Dienstleister seit vielen Jahren kaum Geld. Zwar wurde der Umsatz im margenschwachen Handelsgeschäft nach der Übernahmen durch Vinco stark zurückgefahren. 2016 reduzierten sich die Erlöse um mehr als die Hälfte im Vergleich zu 2015. Die Umsätze mit profitableren Managed Services und dem Verkauf von Software-Lizenzen aber stiegen gleichzeitig nur schwach und erreichten 2016 nicht einmal mehr das Niveau von 2014 (-> Tabelle). Die Folge: Die Umsatzrendite sank auf 0,1 Prozent.

Für 2017 hat die Axians Solutions GmbH noch keine Zahlen im Bundesanzeiger veröffentlicht. Schlemmer spricht öffentlich zwar von einem „erfolgreichen Geschäftsjahr“, untermauert diese Aussage selbst auf Anfrage nicht mit konkreten Zahlen.

Und Diaz? „Wenn Sie an weiteren Informationen zur künftigen, strategischen Ausrichtung von Axians interessiert sind, geben wir Ihnen ab Mitte Mai gerne Gelegenheit zum Gespräch mit Jacques Diaz“, meldet die Presseagentur des Unternehmens. Womöglich wird Diaz dann bereits das verkünden, was Insider schon heute vermuten.

Tabelle

Axians IT Solutions GmbH - Bilanzen

Geschäftsjahr 1

Umsätze (Mio. €)

davon Handel (IT-Hardware und Software) 2

davon Managed Services + Software 2

Rendite (%)

2016

189,2

132,0

56,4

0,1

2015

347,1

294,1

53,2

0,5

2014

286,6

219,4

67,3

0,1

2013

307,3

262,4

42,6

0,0

2012

282,2

241,7

40,9

0,0

2011

213,9

179,6

34,6

2,8

Quelle: Axians IT Solutions, bis 2015: Fritz & Macziol Software und Computervertrieb GmbH; 1 = bis 31.12.; 2 = die Summe der beiden Teil-Umsätze entspricht nicht zwangsläufig dem Gesamtumsatz, interne Korrektur sind hier nicht ausgewiesen.

Veröffentlicht am 19.04.2018