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Dell / Management
Erdrückender Schuldenberg

Nach fünfjähriger Abstinenz erwägt Dell Technologies seine Rückkehr an die Börse. Die US-Firma steckt bei seinen Gläubigern tief in der Kreide und schreibt Verluste. Die Anzeichen mehren sich, dass Firmengründer Michael Dell zunehmend die Kontrolle über die Zukunft des Unternehmens verliert.

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Rekord für die Dell Technologies World: Mehr als 14.000 Kunden und Partner kamen Firmenangaben zufolge in der ersten Mai-Woche zur Hausmesse nach Las Vegas. Tatsächlich kann Gründerchef Michael Dell gute Nachrichten verbunden mit einem hohen Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit momentan gut gebrauchen.

Fünf Jahre nach dem spektakulären Rückzug plant er die Rückkehr an die Börse. Gemeinsam mit einem Investor kaufte Dell 2013 für rund 25 Milliarden US-Dollar alle im freien Handel befindlichen Aktien auf. Das Ziel: Dell unbehelligt von Medien und Aktionären fit für die Zukunft zu machen. Tatsächlich veröffentlichte Dell zwei Jahre lang keinen Geschäftsbericht.

Mit der EMC-Übernahme wuchs der Schuldenberg auf Rekordniveau 

2016 folgte der nächste Paukenschlag. Für rund 67 Milliarden US-Dollar übernahm Dell die US-Firma EMC. Das war der bis dato größte Deal in der IT-Geschichte. Damit verleibte sich Dell den marktführenden Hersteller von Speichertechnologien ein und ergänzte das eigene Portfolio aus PCs und Servern um eine wichtige Komponente. Auch die 80-Prozent-Beteiligung von EMC am börsennotierten Virtualisierungs-Spezialisten VMware spülte die Übernahme ins Haus.

Mit der EMC-Übernahme wuchs aber auch der Schuldenberg auf Rekordniveau. Er droht das Unternehmen zu erdrücken, das Michael Dell 1984 gründete und mit kurzer Unterbrechung durchgängig führte. 

Die Fakten:

Zum Ende des Geschäftsjahres 2018 (bis 31. Januar) stand Dell mit knapp 107 Milliarden US-Dollar bei seinen Gläubigern in der Kreide (-> Tabelle). Das entspricht einer außergewöhnlich hohen Schuldenquote am Gesamtvermögen von 87,4 Prozent. Rund sechs Siebtel des Unternehmens gehören derzeit den Banken.

Dells Pech: Zinsniveau steigt und steigt

Steigende Zinsen belasten das Unternehmen daher erheblich. Jeder Prozentpunkt mehr bedeutet rund eine Milliarde US-Dollar höhere Zinszahlungen pro Jahr. Dells Pech: Seit der EMC-Übernahme hat sich der Basiszins der US-Notenbank auf 1,75 Prozent versiebenfacht. 

Die jüngste US-Steuerreform schränkt die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen erheblich ein. Zuvor konnten Zinsen ohne Grenzen geltend gemacht werden, nun aber ist dies nur bis zu einer Summe möglich, die 30 Prozent des Ergebnisses vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen entspricht. 

Dabei schreibt Dell aktuell nicht einmal Gewinne und steht operativ weit schlechter da als vor fünf Jahren. Vor dem Rückzug von der Börse lag die operative Umsatzrendite bei plus 5,3 Prozent. Bis zum letzten Geschäftsjahr stürzte sie auf minus 4,2 Prozent ab. Aus dem laufenden Geschäft heraus scheint das Unternehmen daher nur wenig Potential haben, die überbordende Schuldenlast abzutragen.

Der Goodwill (der immaterielle Vermögenswert übernommener Firmen) hat sich durch die EMC-Übernahme auf knapp 40 Milliarden US-Dollar verfünffacht und liegt weit über dem bilanzierten Eigenkapital von gut 15 Milliarden US-Dollar. Abschreibungen auf den Goodwill, die nach einer Übernahme in der Regel schrittweise erfolgen, könnten Dell daher sogar in die Überschuldung treiben. Die weitere Kreditaufnahme bei Banken würde dadurch erschwert – oder gar unmöglich gemacht.

Software und Dienstleistungen tragen relativ wenig zum Umsatz bei 

Das Kerngeschäft baut auf schrumpfende Märkte mit schwachen Margen: den Verkauf von PCs, Servern und Speichern an Privat- und Unternehmenskunden. Nur ein Viertel der Umsätze erzielt Dell durch den Verkauf von Software-Lösungen und Dienstleistungen, die eine höhere Kundenbindung nach sich ziehen.

Die Pläne, die Rückkehr an die Börse über die 80-Prozent-Beteiligung an VMware abzuwickeln, scheinen vom Tisch. Zu groß ist die Gefahr, dass VMware-Kunden wie HP Enterprise, die gleichzeitig Dell-Konkurrenten sind, zu einem anderen Anbieter wechseln. Alle anderen Optionen aber verzögern die Chance, eigene Aktien gegen frisches Geld einzutauschen.

Die Folge: Michael Dell, der Self-Made-Man aus Texas, verliert zusehends die Kontrolle über die Zukunft seines Unternehmen. Größe allein ist im Zeitalter der Digitalisierung keine Existenzgarantie mehr. Zudem hat Dell, der einst den Direktverkauf von PCs an Endkunden zu Ruhm und Erfolg führte, viele Zukunftstrends wie mobile Technologien und Cloud-Services verschlafen. Den Phantasien neuer Aktionäre und dem noch zu bestimmenden Aktienkurs dürfte das enge Grenzen nach oben stecken. Ob ein neuerlicher Börsengang die Kassen stark genug füllt, um die anstehenden Probleme zu lösen, steht aktuell jedenfalls in den Sternen.

Fraglich, ob ein Börsengang die Probleme löst

Denkbar auch, dass die Finanzlage den Firmenchef bald dazu zwingt, sein Lebenswerk durch Notverkäufe oder ruinöse Hauruck-Aktionen selbst zu zerstören. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Pionier der Wirtschaftsgeschichte letztlich an Selbstüberschätzung scheitert.

Tabelle

Umsatz, operative Umsatzrendite, Vermögen, Schulden, Goodwill

Geschäftsjahr 1

Umsatz (Mrd. $)

operative Rendite (%)

Vermögen (Mrd. $)

Schulden (Mrd. $)

Goodwill (Mrd. $ )

2018

78,7

-4,2

122,3

106,9

39,9

2017

61,6

-5,3

118,2

99,0

38,9

2016

50,9

-1,0

45,1

43,6

8,4

2015

keine Veröffentlichung

2014

keine Veröffentlichung

2013

56,9

5,3

47,5

36,8

9,3

2012

62,1

7,1

45,4

35,2

9,2

Quelle: Dell;  1 = Geschäftsjahr: bis 31.1.

 

 

 

 

Veröffentlicht am 09.05.2018